Die von Rudolf Guckelsberger zurückhaltend mit Musik arrangierte Lesung zu Jochen Klepper, der 1942 mit seiner jüdischen Frau und der gemeinsamen Tochter Suizid beging, eröffnet einen informativen und bewegenden Zugang zu einem vergessenen Autoren.
Als
Schriftsteller und Romanautor ist Jochen Klepper (1903-1942)
heutzutage – so scheint es – nahezu vergessen; von seinen
Tagebüchern kennt man allenfalls noch den Titel und von Jochen
Kleppers Leben im nationalsozialistischen Deutschen Reich wissen
selbst historisch interessierte Zeitgenossen oft nicht mehr als dass
es tragisch endete.
Ein
unrettbar Verlorener im Meer der europäischen Geistesgeschichte?
Mitnichten. Jedem aufmerksamen Kirchgänger, der in der Advents- oder
Weihnachtszeit einen katholischen oder evangelischen Gottesdienst
besucht, ist dieser Autor kein Unbekannter; auch wenn er den Namen
noch nie gehört hat:
„Die
Nacht ist vorgedrungen, / der Tag ist nicht mehr fern.
So sei nun Lob gesungen / dem hellen Morgenstern!
Auch wer zur Nacht geweinet, / der stimme froh mit ein.
Der
Morgenstern bescheinet / auch deine Angst und Pein.“
Eines
der schönsten geistlichen Lieder des 20. Jahrhunderts stammt von
Jochen Klepper, geschrieben im Advent 1937. Vier Jahre zuvor notiert
er in sein Tagebuch: „11.
Dezember – Nun sind die dunklen Tage, die ich so liebe. Und alles,
was man zur Weihnachtszeit begehrt: Eisblumen und Schneefall,
Winternebel und Raureif; und in der Stadt: dieses Übermaß an Licht
und weihnachtlichem Schmuck, das einem niemals zuviel wird.“
Jochen
Klepper liebt diese geistlich geprägten Wochen des Jahres
zeitlebens; er begeht die „dunklen Tage“ umso inniger, je mehr
sie nicht nur den Wolken verhangenen Himmel über Berlin und den
frühen Einbruch der Dämmerung bezeichnen, sondern das fürchterliche
Wehen der Todesschatten, das sein Leben, seine Familie bedroht. Am
Ende sah er keinen Ausweg mehr: In der Nacht zum 11. Dezember 1942
ging Jochen Klepper mit seiner jüdischen Frau Johanna und der
Stieftochter Renate „freiwillig“ in den Tod – im weihnachtlich
geschmückten Haus in Berlin-Nikolassee. „Unter
dem Schatten deiner Flügel“,
so lautet der Titel des postum erschienenen Tagebuchs ...
Zur
Erinnerung an einen großen Dichter und aufrechten Zeugen des
Glaubens hat Rudolf Guckelsberger einige Passagen aus den
„Adventszeiten“ des Tagebuchs sowie Gedichte Jochen Kleppers
ausgewählt. Die Lesung – zurückhaltend mit Musik arrangiert –
und Guckelsbergers kurze Einführung in Jochen Kleppers Biographie
eröffnen einen informativen und zugleich sehr bewegenden Zugang zu
einem Autor, der vergessen und uns doch so nahe ist.
Eine Veranstaltung in der Reihe "5 nach 4: Kultur am Sonntag".
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